Trotz Corona, trotz eines verhagelten Urlaubsjahrs 2020 und trotz weiterer Einschränkungen im Rahmen der Pandemiebekämpfung bleibt der Ausblick auf das Tourismusjahr 2021 verhalten optimistisch.
Zu dem Ergebnis kommt zumindest die aktuelle Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR). Prof. Martin Lohmann, wissenschaftlicher Berater der FUR, hat für die CMTdigital (26.1.2021), dem digitalen Ersatz für den corona-bedingten Messeausfall der CMT, eine erste vorläufige Bilanz des Tourismus im Jahr 2020 erstellt und gibt zugleich einen Ausblick auf dieses Jahr. Die dazugehörige Umfrage stützt sich auf 2 500 Teilnehmer.
Konnte der internationale Tourismus 2019 noch mit einem Plus von 4 % aufwarten, so fiel der wirtschaftliche Rückblick auf das verflossene Jahr erwartungsgemäß nüchtern aus: „Der Einbruch im weltweiten Tourismus war dramatisch“, verdeutlicht Martin Lohmann die Lage im vergangenen Jahr (Jan.-Nov.). Minus 79 % lautet der Vergleich zwischen 2019 und 2020 im internationalen Tourismus. Weltweit liegen die Ankünfte internationaler Gäste, laut der World Tourism Organization der UN (UNWTO) und Schätzungen der FUR bei ca. 400 Mio. Im Jahr 2019 waren es noch 1,46 Mrd. gewesen. „Damit liegt der internationale Tourismus etwa auf dem Niveau von 1989“, betont Martin Lohmann.
COVID-19 und die weltweit eingeleiteten Schutzmaßnahmen brachten den grenzüberschreitenden Urlaubstourismus „vorübergehend fast vollständig zum Erliegen“. Dem entsprechend sah auch die bundesdeutsche Bilanz der Gästeübernachtungen aus. Im Vergleich zu 2019 sanken die Übernachtungen (Jan.-Nov.) auf 295 Mio., was einem Gesamtminus von 36,4 % entspricht. Von den Gästen aus dem Ausland blieben 63 %, ca. 20 Mio., 2020 lieber gleich daheim. Auch die innerdeutschen Urlaubszahlen kommen, wenig überraschend, mit einem dicken Minus daher. Nach den vorläufigen Zahlen der Reiseanalyse lautet dieses -40 % zum Vorjahr (2020: 43 Mio.). Auch die Zahl der Kurzurlauber (2-4-Tage-Reisen) ging um 60 % auf 37 Mio. zurück.
Dieser negative Trend traf dabei die gesamte Touristikwirtschaft – Hotels, Gastronomie, Reiseveranstalter und -büros sowie die Transportunternehmen – wirtschaftlich schwer. Die Flughäfen mussten z. B. ein Minus von 74 % an Passagieren hinnehmen, die Kreuzfahrten kommen bei den Buchungen auf -71 %. Der Umsatzrückgang bei den Reiseveranstaltern liegt bei 67 %, der der Reisebüros bei 78 %. Ohne die staatlichen Rettungs- und Stützungsmaßnahmen ständen ganze Branchen vor dem Aus. Soweit der dramatische Rückblick in der Reiseanalyse für 2020.
Optimistischer zeigte sich Martin Lohmann für das Urlaubsjahr 2021. Obwohl viele Deutsche eine Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage erwarten, bleibt die Reiselaune bzw. der Willen dazu erhalten. Denn die meisten Mitbürger rechnen mit stabilen Verhältnissen im persönlichen Umfeld. Zwar befürchten 25 % eine negative Entwicklung der eigenen wirtschaftlichen Lage. Aber 58 % gehen von keiner Verschlechterung, 17 % gar von einer Verbesserung aus.
Die insgesamt als stabil wahrgenommene individuelle wirtschaftliche Situation sei eine wichtige positive Vorbedingung für den Urlaubstourismus 2021. Immerhin 80 % der Deutschen hätten sich auch schon gedanklich mit einer Reise in diesem Jahr beschäftigt. Lust auf Urlaub bestätigten der Umfrage nach 51 % der Deutschen (Vorjahr 57 %). Die Faktoren verfügbare Zeit und Geld für Reisen wurden dabei so günstig wie im letzten Jahr eingeschätzt. Über 60 % der Befragten sah darin kein Mangel. „Insgesamt drücken diese Ergebnisse eine überraschend positive Urlaubsstimmung aus“, sagt Martin Lohmann, „die nachfrageseitig gute Startbedingungen signalisiert“.
Es schaut daher ganz so aus, als bleiben der Urlaub und das Verreisen für die meisten Bundesbürger ein unverzichtbarer Bestandteil der persönlichen Lebensqualität.
Zudem seien „corona-bedingte“ Kriterien erkennbar, die einen Neustart, sobald er wieder möglich ist, befeuern könnten. Da sei die aufgestaute Reiselust nach Monaten der Beschränkungen, der Wunsch aus der negativen Corona-Welt endlich mal wieder herauszukommen und die Erwartung positiver Effekte einer Urlaubsreise in Hinblick auf Fitness und allgemeine Gesundheit der Reisenden – auch ein wichtiger Aspekt in Zeiten von COVID-19 und weitgehender Selbstisolierung.
Einschränkendes Kriterium bliebe allein die andauernde Corona-Pandemie und die damit verbundenen aktuellen staatlichen Beschränkungen. Ansonsten ist oder wäre man hierzulande wieder gerne unterwegs und das genauso gerne wieder zu den klassischen Destinationen – hier haben sich die Präferenzen der Befragten gegenüber dem Vorjahr kaum verschoben. Wobei 2021 Flug- und Fernreisen allerdings noch nicht wieder im Fokus stehen werden.
Die wiedererlangten Freiheiten nach Corona würden bald zu einer Rückkehr zu bisherigen Reisemustern führen, so ein Analysefazit, allerdings „frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2021 und auch nicht in allen Segmenten.“ Insgesamt sei für 2021 im Vergleich mit 2019 immer noch mit einer Dämpfung der touristischen Nachfrage zu rechnen.
Zurzeit führe die aktuelle Corona-Situation mit ihren Unsicherheiten jedoch noch zum Abwarten in Sachen konkrete Planungen oder gar Buchungen. Auf die Frage, wie sich die Corona-Krise auf die eigenen Reiseplanungen in den kommenden zwölf Monaten auswirkt, antworteten 46 %, dass sie abwarten, wie sich die Situation entwickelt und dann die eigene Reise kurzfristig buchen werden. Interessanterweise spielt die Einführung von Impfstoffen bei den Reiseabsichten nur eine untergeordnete Rolle: Nur 13 % der Deutschen wollen mit ihrem Urlaub warten, bis Impfstoffe in der Fläche angekommen sind. Allerdings sind die Ansprüche der Kunden gegenüber den Reiseanbietern gewachsen: Sie erwarten mehr Flexibilität, großzügige Stornobedingungen, Geld-zurück-Garantie und angemessene Hygienebedingungen auf der Reise. „Gleichzeitig darf der Urlaubsspaß unter diesen Rahmenbedingungen aber nicht leiden, ein echter Balanceakt für manchen Anbieter“, konstatiert Martin Lohmann.
Text: Dirk Sanne
Bildquelle: pixabay/DarkmoonArt_de
