Volvo Bus Corporation präsentierte aktuell seinen neuen Doppeldecker für die europäischen Märkte. Er ist, wenn man das überhaupt so sagen darf, der kleine(re) Bruder des Volvo 9700 DD (4,25 m), der vor allem für Nordeuropa bestimmt ist. Wir werfen einen ersten Blick auf den Neuen.
Corona-bedingt stellte Volvo Bus seinen neuen Doppeldecker 9700 DD dieses Mal nur digital in Göteborg vor. Mit Einsteigen, Platz nehmen und Anfassen war also nix. Damit fehlt uns der haptische Eindruck, doch dass hoffen wir, bald nachreichen zu können. Der neuentwickelte Bus mit seiner stolzen Höhe von 4 m zielt vor allem auf das Fernlinien- und Fernreisegeschäft. Volvo hat bereits einen Doppeldecker mit 4,25 m im Programm (vgl. BM 5-6/2020), aber der darf aufgrund seiner Bauhöhe in vielen europäischen Ländern nicht fahren. Daher gibt es jetzt die kleinere Variante des großen Bruders. Damit kann Volvo Bus nun auch die europäischen Märkte südlich von Nordeuropa bedienen. „Die Nachfrage nach Doppeldeckern verzeichnet ein stetiges Wachstum unter den Busbetreibern in ganz Europa. Mit großem Stolz bringen wir daher jetzt unsere neue Doppeldecker-Variante auf den Markt, um den hohen Anforderungen unserer Kunden an Qualität, Effizienz, Produktivität und Rentabilität gerecht zu werden“, erklärt Ulf Magnusson, Senior Vice President der Volvo Bus Corporation.
Der neue Volvo basiert dabei auf derselben Plattform wie die anderen Mitglieder der Reisebusbaureihe 9000. Es gibt ihn in den Baulängen von 13 bis 14,8 m. Angetrieben wird der Volvo 9700 DD durch einen 11 l großen Motor der 460 PS (338 kW) bereitstellen kann. Er liefert 2.200 Nm bei 1.000-1.400 min-1. Das Schalten übernimmt im Volvo wiederum das I-Shift-Getriebe. Übrigens: Der 9700 DD muss nicht zwingend mit Diesel befeuert werden. Volvo gibt seinen Neuen auch für die Betankung mit synthetischen (HVO, EN 15940) oder biologischen Kraftstoffen (RME, B100) frei.
Die Karosserie wird bei Carrus Delta in Finnland hergestellt. Der Aufbau und die Seitenwände entstehen dabei in Edelstahl. Heck und Front bestehen dagegen aus Verbundwerkstoff. Die Fenster sind getönt und doppelverglast, auch bei den Türen. Allein das Fahrerfenster, das beheizt ist und sich elektrisch betätigen lässt, ist einfach verglast. Der Busbauer Volvo hat seinen Doppeldecker zudem mit einer besseren Telematik bestückt und neu vernetzt. Dieses erlaube eine optimierte Fahrzeugüberwachung – auch der Fahrweise – in Echtzeit. Zudem sei nun eine optimierte Planung von Serviceintervallen und Werkstattplanung möglich, um die Standzeiten gering zu halten.
Relativ neu ist auch das sogenannte Zonenmanagement. Dabei definiert der Unternehmer bestimmte Fahrstreckenbereiche, in dem nur mit reduzierten Tempo gefahren werden darf oder sollte – z. B. vor Schulen. „Durch das Zonenmanagement kann der Betreiber genau festlegen, wie schnell der Bus in bestimmten vordefinierten Zonen gefahren werden darf“, betont Ulf Magnusson. Dies, so er weiter, könne sich positiv auf die Sicherheit und den Kraftstoffverbrauch auswirken.
Der Fahrerplatz im neuen Doppeldecker sei sehr geräumig ausgelegt, betonen die Schweden. Die erhöhte Sitzposition (Isri-Sitz), des im Vergleich zu anderen Bussen tiefsitzenden Doppeldecker-Chauffeurs, sei ein wichtiger Sicherheitsaspekt, da er dem Fahrer so eine bessere Sicht auf das umliegende Verkehrsgeschehen ermöglicht. Neben der Sitzhöhe helfen ihm aber auch etliche moderne Fahrerassistenzsysteme bei einer möglichst sicheren Fahrt. Dazu zählen Auffahrwarnfunktion und Notbremsassistent, Spurhalteassistent und das Fahrerwarnsystem DAS (Driver Alert Support bzw. Aufmerksamkeitsassistent). Sicherheit beim Bremsen gewährleistet das Elektronische Bremssystem EBS 5. Die Elektronische Stabilitätskontrolle (ESC) und die Antriebsschlupfregelung (ASR) ergänzen die Ausstattung. 360-Grad-Rundumsicht-, Rückfahrkamera und Kamerasystem anstelle von klassischen Außenspiegeln runden das Portfolio ab.
Ein weiterentwickeltes Fahrwerks- und Federungssystem in Kombination mit einem geringen Aufbaugewicht führen zu einem niedrigen Schwerpunkt und damit einer guten Fahrstabilität auf der Straße, unterstreichen die Konstrukteure.
In Sachen Licht hinkt der Neue allerdings der Zeit noch etwas hinterher: So gibt es beim Premierenmodell noch BiXenon-Scheinwerfer mit LED-Tagfahrlicht. Da bieten andere Busbauer bereits mehr. Volvo verspricht seinen Kunden viel, vor allem viele Individualisierungsmöglichkeiten: „Er kann bis ins kleinste Detail maßgeschneidert und an die individuellen Anforderungsprofile der Busbetreiber sowie die verschiedenen betrieblichen Erfordernisse der einzelnen Busunternehmen angepasst werden“. Damit die Schweden dieses Versprechen einhalten können, stehen etliche Längenvarianten, Auslegungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zur Auswahl. Hinzu kommen noch viele Ausstattungsalternativen. Je nachdem, wie eng bestuhlt wird, können bis zu 96 Fahrgäste aufgenommen werden. Als Sitze können Volvo Coach Line oder Intercity Line in unterschiedlichen Ausführungen geordert werden. Eine Rollstuhlrampe ist an der Tür 2 vorgesehen. Je nach Fahrzeuglänge stehen bis zu 8 m3 an Kofferraumvolumen parat. Hinzu kommen noch bis zu 3 m3 an Gepäckablagen im Fahrgastraum. Das dürfte für die meisten Fälle ausreichend sein. Gegebenfalls kann man noch einen Skikoffer ans Heck montieren. Entsprechende Halter sind vormontiert.
Volvo 9700 DD – Technische Daten
Fahrgestell: Volvo B11RLE, 6x2 (Dreiachser)
Karosserieaufbau: durch Carrus Delta Oy, Finnland
Motor: D11K, Sechszylinder, Euro 6
Hubraum: 10,8 l
Leistung (PS/kW): 460/338
Drehmoment (Nm): 2.200 bei 1.000-1.400 min-1
Getriebe: Volvo I-Shift AT2412F
Länge/Breite/Höhe: 13.000-14.800/2.550/4.000 mm
Radstand: 5.369-7.160 mm
Überhang (v/h): 2.810/3.430 mm
Reifen: 315/70 R 22.5
Sitzplätze: bis zu 96
Kofferraum: bis zu 8 m3
Zul. GG.: 26.500 kg
Text Dirk Sanne
Bildquelle: Volvo Bus Corporation
